Sonntag, 25. Juli 2010

Die ersten Unitage

jippie...die Freude ist gross, denn die Uni ruft (Matze und ich zeigen mehr Haut als noetig)

Liebes Tagesbuch, nach den ersten brutal harten Tagen in Auckland mit allerlei Entbehrungen (lange schlafen, Stadt angucken, abends feiern…) hat nun der angenehme Teil des Aufenthalts begonnen. Das STUDIUM! Endlich wieder früh aufstehen, schlaftrunken in der Uni erscheinen, um einen Sitzplatz im völlig überfüllten Hörsaal kämpfen und nachmittags abgemattet und geistig ausgelutscht zu Hause ins Bett fallen. Soweit die Theorie, die Praxis sieht dann in Neuseeland doch anders aus.



Wir müssen (und dürfen auch maximal) in diesem Semester 60 Creditpoints ableisten, um keine Probleme mit dem Studi-Visa zu bekommen. So weit so unspektakulär. Da die Masterkurse jeweils 30 Creditpoints (Bachelorkurse bringen 15 ein, hihi…) einbringen, weiß ich durch meine im Grundstudium angeeigneten mathematischen Fähigkeiten, dass ich nur 2 (in Worten „zwei“) Kurse besuchen muss, um durchzukommen.


Und hier der hochmathematische Beweis für meine gewagte These. Ich hoffe Ihr könnt folgen, denn ich weiß dass nicht jeder über solch fundiertes mathematisches Wissen verfügt. Stellt Euch mal vor:


Wenn der Mann von der freiwilligen Feuerwehr erst zurück zur Wache fährt, sobald er 60 Flaschen Bier gebunkert hat und es zwei verschiedene Bierkästen gibt, den Bachelorkasten mit 15 Flaschen und den Masterkasten mit 30 Flaschen, dann gibt es verschiedene Möglichkeiten, ans Ziel zu kommen. Entweder der Feuerwehrmann wählt die Bachelorkästen und er muss zweimal vom Konsum zur Wache und zurück laufen(4 Kästen, ein Kasten pro Hand). Da kommt er bestimmt ganz schön aus der Puste. Oder er wählt den Masterkasten und läuft nur einmal (pro Hand ein Kasten). Wie wird sich der Feuerwehrmann wohl entscheiden? Ja richtig!


Also zwei Kurse pro Woche, die allerdings gut ausgewählt sein sollten. In der ersten Semesterwoche kann man sich für jeden Kurs von Interesse einschreiben, gucken ob er gefällt und zur zweiten Woche entscheiden, ob er tatsächlich belegt wird.


Micha, Matze und meine Wenigkeit waren diese Woche also hoch motiviert, zu jedem möglichen Kurs zu erscheinen und uns danach für die zwei besten einzuschreiben. Und das lief folgendermaßen ab:


Montag: 14 Uhr


Die erste Vorlesung: Der Vorlesungssaal ist leer. Wir stehen auf dem Gang, denn der Professor ist noch nicht da. „Schön!“ denken wir uns, „da steht man mal richtig früh auf und dann so was.“ Um 14.15 Uhr ist der gute Mann dann da. Die Vorlesung an sich ist recht hektisch, da der Professor die einmalige Mischung aus indischem Akzent, Duracell-Hase und Sauklaue ist. Mit völlig verkrampften Fingern geht es nach 3 Stunden Schreibolympiade in die verdiente Pause. Eine Pause die bis zum Dienstag geht…


Dienstag: 11 Uhr


Wir warten mal wieder auf den Professor, der dann auch nur eine viertel Stunde zu spät kommt. Der verklickert uns erstmal, dass wir als Maschinenbauer keine Anwendung für das in seinem Kurs Erlernte hätten. „Oh schön, schon wieder so früh aufgestanden, und das war’s jetzt?“. Wir verlassen mit hängenden Köpfen den Saal, doch erhellen sich unsere Mienen sofort wieder. Wir haben schließlich um 4 Uhr nachmittags eine neue Chance, an einer Vorlesung teilzunehmen. Hach wie schön…


Wir kommen extra etwas zu spät zur Vorlesung, um den Professor nicht zu sehr unter Druck zu setzen. Der war jedoch pünktlich (natürlich!), sodass wir uns schnurstracks in die letzte Reihe verkrümeln. Die angenehme Erzählstimme des Professors lässt die Lider sofort müde werden. Der Mann sollte über ein zweites Standbein nachdenken und Hörbücher aufnehmen oder Disney-Filme vertonen.


Mittwoch: 14 Uhr


Der Professor erscheint nicht…auch nicht um 14.25 Uhr. Er ist einfach nicht da. Mit feuchten Augen wird der Bratwurststand angesteuert. Ein Happen Heimat vertreibt schließlich Kummer und Sorgen.


Donnerstag: 17 Uhr


Die Vorlesung ist recht ökologisch angehaucht. Es geht schließlich um „Erneuerbare Energien“. Der Prof. kommt aus Belgien und redet ohne Luft zu holen. Er verteufelt die US-Amerikaner für ihren Energieverbrauch, macht viele Witze auf Kosten der anwesenden Damen und lobt Deutschland („sehr fortschrittlich“) in den Himmel. Also ein sehr sympathischer Typ. Extrem gebauchpinselt geht es ins Wochenende, denn am Freitag gibt es keine Vorlesungen von Belang.




Das Semester wird also aus zwei Vorlesungen bestehen. Hört sich erstmal ziemlich entspannt an, doch ist das Studium hier recht arbeitsintensiv. Alle paar Wochen eine Arbeit abzugeben, immer mit mündlicher Verteidigung verbunden, und die üblichen Prüfungen zum Semesterende sind schon recht aufwendig. Und der ganze Spaß noch in einer anderen Sprache-passt scho!




Freitag:


Tagsüber werden Vorkehrungen für den „German Evening“ getroffen. Micha, Matze, Jenny und ich wollen ein paar andere internationale Studenten zu einer typisch deutschen Speise einladen. Was liegt da näher als Hackbrötchen? Richtig! Nichts! Der Igel aus Hackfleisch überlebt nicht lange. Was für ein Massaker! Der Abend ist ein voller Erfolg. Die Gäste kosten das rohe Fleisch erst zögerlich, um dann in einen Blutrausch zu verfallen. Wohlgenährt geht es zum nächsten Event.


Die Uni lässt zu Beginn des Semesters ein Livekonzert springen - da geht also die Kohle hin, so so…


Die Bands sind recht gut, vor allem die „Kids of 88“ sehr empfehlenswert.


Danach geht’s zurück zum Studentenwohnheim, um den Abend gebührend abzuschließen, und zwar mit einem spontanen Privat - Livekonzert in Zimmer 6h. Matze spielt die Gitarre, der Rest singt zu Meisterwerken der Marke „You’re my heart, you’re my soul“ oder „Anton aus Tirol“. Der Stimmungsgipfel ist bei „Looking for Freedom“ von David Hasselhoff erreicht. Ich denke zu diesem Zeitpunkt sind Ausschläge auf der nach oben offenen Richterskala auszumachen. Danach wird noch kräftig weitergetanzt, bis die Milchsäure in die Muskeln schießt. Allerdings endet der Abend schon recht früh, etwa um 6 Uhr morgens. Man wird halt auch nicht jünger.



Let´s go wild



Samstag nach dem verregneten Freitag machten wir einen wunderschönen Ein-Tages-Ausflug nach Rangitoto, eine der Auckland vorgelagerten Inseln. Das hieß früh aufstehen, Brötchen schmieren und Fresspaket zusammen basteln, während Basti unter der Dusche stand und ein Liedchen für mich in der Küche zwitscherte. Um 9:15 Uhr legte die Fähre am Hafen von Auckland in Richtung Insel ab. Mit uns reisten auch fast alle internationalen Studenten, die im Studentenwohnheim lebten. Also waren wir eine wirklich sehr, sehr große Gruppe. Bevor wir aber die Fähre betreten dürften, mussten wir unsere Rücksäcke und Schuhe noch auf eventuelle Mäuse, Ratten oder ausländisches Samengut überprüfen, denn die Insel ist wie alle Insel Neuseelands endemisch und kann durch geringe Veränderung im normalen Tagesablauf aus dem Rhythmus geraten. Zum Glück hatten wir keine Ratten mit!

Harrrr, ihr Landratten...

Auf der Insel angekommen, wurde ein riesen Gruppenphoto gemacht werden. Die Studenten mal wieder! Dann ging der Großteil in Richtung der Schilder mit der Aufschrift „Vulkan Gipfel in 2 Stunden“ und Basti und ich suchten unser Glück durch den Dschungel. Wir hatten beide schnell festgestellt, dass das Wandern in großen Ansammlungen nicht unsere Vorstellung von schönem Spaziergang ist. Aber unser Weg durch den vermeintlichen Dschungel stellte sich als Fünf-Minuten-Kreuz-und-Quer-Pfad heraus, der wieder zum Hafen führte. Nach kurzer Orientierung entschieden wir uns für den Weg am Strand entlang. Eine Gruppe von Studenten tat es uns gleich, konnte aber nicht mit uns Schritt halten.


Der Weg am Strand entlang zeichnete sich vor allem durch große Lavafelder aus. Rangitoto ist immerhin erst 600 Jahre als, ein Hauch von Zeit in der Unendlichkeit der Natur. Die Lavafelsen und Steine waren oftmals überzogen von Flechten und sonstigen Symbiosen. Und die Vegetation rings herum blühte, dafür, dass wir gerade Winter haben, war das sehr erstaunlich. Allerdings sieht die Insel von weitem grüner aus. Wenn man dann drauf ist, sieht man erst die vielen Einschnitte, die die Lava hinterlassen hat.


Der nicht enden vollende Strandweg (ich hatte schon Angst, dass wir es nicht rechtzeitig zur Abfahrt der Fähre zurück schaffen würden, denn der Gipfel des Berges sah noch sehr, sehr weit weg aus) riss dann doch abrupt ab und fand seinen krönenden Abschluss in einem wundervollem Strand. Dort haben wir Rast gemacht, unsere Brote gegessen und die Aussicht genossen. Und wir hatten noch sehr viel Zeit, denn die Kiwi-Rechnungs-Zeit ist bei weitem nicht die Zeit des deutschen Stechschritts. Für den Strandweg waren zwei Stunden eingeplant worden, wir schafften es in einer Stunde!


Dann ging’s endlich zum Vulkan hinauf. Und nun kam der anstrengende Teil der Wanderung, immer schön bergauf. Die Vegetation veränderte sich zusehends, die Landschaft wurde zunehmend unwirtlicher. Kurz vor Erreichen des Gipfels gab es schon die erste wunderschöne Aussicht auf die Insel neben Rangitoto, die aber nicht betreten werden darf, außer du meldest dich freiwillig zum Saubermachen! Jedenfalls hatten wir einen bezaubernden Ausblick auf das Meer, die Inseln drum herum und viel, viel Natur.



Hopp hopp hopp, Jenny im Galopp...

 Weiter wanderten wir die letzten Stufen hinauf und kamen bei strahlendem Sonnenschein am Gipfel oben an. Hier sah man dann wirklich alles: Devonport, Auckland mit dem Sky Tower, Wasser, Wasser und Wasser und die anderen kleinen Insel. Schön war es hier oben. Genau der richtige Ort zum Mittagsschlaf, dachte sich Basti, bettete seinen Kopf auf meinen Schoss und machte die Augen zu…

Schnarch...
 Beim anschließenden Abstieg sollte sich zeigen, dass meine Schuhe nicht ganz so wandertauglich sind, denn es ging steil bergab durch viel Dreck und Wasser. Naja, ab in die Waschmaschine, dann sind sie wieder schön!


Unterwegs kamen wir an den Lavahöhlen vorbei. An sich ja eine schöne Sache, nur ohne Taschenlampe sehr, sehr gruselig. Als wir endlich den Einstieg zur Höhle gefunden hatten, hatte ich schon die Nase voll und wollte umkehren. Aber nein, als Kamerafrau durfte ich nicht kneifen. Es war jedenfalls stockduster, man hat seine Hand nicht mehr sehen können und erst recht nicht den Ausweg. Aber Basti, mutig wie er nun mal als Kapitän ist, spazierte voran, entdeckte das Licht am anderen Ende des Tunnels, nahm mich bei der Hand und führte mich sicher aus den Höhlen. Mein Held. Letztendlich war es gar nicht so schlimm, aber ein bisschen schon!!!

noch issa da, gleich issa weg
 Als wir wieder sicher am Hafen ankamen, fuhr unsere Fähre gerade wieder los. Demnach mussten wir weitere zwei Stunden warten. Hinzukam, dass es begann, wie aus Eimer und Gießkannen zu schütten. Zwar konnten wir uns unterstellen, dennoch war es kalt und klamm. Aber am Ende wurde die Warterei mit dem schönsten Regenbogen belohnt den ich je gesehen habe! Wir konnten sein Anfang und Ende sehen und die Farben leuchten wie eben nur ein Regenbogen leuchten kann. Die Glücksbärchen wären neidisch gewesen.


Zu Hause angekommen, waren wir fix und alle, konnten uns gerade noch so was zu Essen mache, fielen ins Bett, schliefen kurz, ungefähr so lange wie das Spiel der All Blacks dauerte und machten uns dann auf dem Weg zum Pub zum Musik hören und Tanzen. Aber aufgrund der andauernden Müdigkeit tanzten Basti und ich auch schon bald wieder die Queensstreet hinauf in Richtung nach Hause.


Cheers Jenny und Basti



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