Montag, 4. Oktober 2010

Basti allein zu Haus / Jenny am wilden Fluss


Diesmal ein Bericht aus zweierlei Sicht.
Da mein Assignment noch nicht vollendet ist, bin ich quasi das komplette Wochenende an den Schreibtisch gefesselt. Jenny hingegen hab ich auf Klassenfahrt geschickt. Sie soll schließlich in den Genuss eines ausgefüllten Wochenendes kommen, nun da sie ja selbst vorübergehend wieder (Sprach-)Schülerin ist. Diese zugegebenermaßen extrem noble Geste meinerseits hält gleichzeitig auch einen Vorteil für mich bereit: volle Konzentration auf die Arbeit. Na wenn das mal was wird? Auf geht die wilde Fahrt…
Oh Schock!


Freitag:
Pünktlich um 2.45 Uhr nachmittags soll die Unternehmung Rotorua starten. Demnach genießen Basti und ich noch einen ausgiebigen Lunch, bevor wir uns für zwei Tage Aufwiedersehen sagen werden. Ein fast zweistündiger Abschied, denn die Abfahrt verzögert sich! Und wir haben großes Glück, denn endlich können wir wieder in den Freitagnachmittagsstau fahren und ein bisschen stinkige Luft atmen, fast wie zu Hause.

Jenny hat die Wohnung verlassen. Ich winke vom Balkon und schnaube meine Trauer ins Taschentuch. Als ich zurück in den Wohnbereich trete, durchfährt mich ein Schock. Das Geschirr ist noch nicht abgewaschen! Ein kalter Schauer fährt mir den Rücken hinunter, als mir klar wird, dass ich nun den Haushalt schmeißen muss. „Ich werde wohl lernen müssen, auf eigenen Beinen zu stehen.“ sag ich mir und schleiche zögerlich zur Küche. Ich versuche mich zu beruhigen. „Wie macht Jenny das immer? Wasser ins Spülbecken lassen und dieses wohlriechende Mittel, das die lustigen Blasen produziert, hineinschütten…aber dann?“ Ich hab keine Zeit, mir den Kopf darüber zu zerbrechen und entschließe mich, diese Aufgabe auf den Sonntag zu verschieben. Hochzufrieden mit der Lösung dieses Problems mache ich mich an die Lösung eines anderen Problems: Das Assignment!...

Nach fast vier Stunden Fahrt, dem üblichen Halt bei McDonalds und etlichen Umwegen erreichen neun Studenten (inklusive mir, bin jetzt nämlich auch wieder eine Studentin) im Auto und Micha auf seinem Motorbike sicher das sehr gut ausgestattete Hostel. Nach einem Schlummertrunk geht es dann auch recht früh zu Bett, denn der nächste Tag ist voll gepackt mit Aktivitäten.

Es ist schon spät, als ich mich entschließe, die Arbeit für heute ruhen zu lassen und ins Bett zu hüpfen. Draußen ist es ziemlich dunkel. Ich muss nun immer wieder an „Kevin allein zu Haus“ denken. Die Parallelen zu mir sind frappierend: Wir sind beide jung und allein zu Haus… „Hoffentlich statten mir die feuchten Banditen keinen Besuch ab.“ denke ich und gehe ins Bad. Beim Zähneputzen versuche ich mich abzulenken, indem ich lustige Grimassen im Spiegel schneide – ohne Erfolg! Ich schließe die Tür von innen ab, und kontrolliere, ob unter dem Bett einer der Banditen sitzt. „Da ist zwar keiner, aber trotzdem sollte ich ein kleines Licht anlassen, dann ist es nicht so dunkel.“ denke ich. Außerdem hat Kevin die Einbrecher damit auch abschrecken können. Ohne das obligatorische Gutenachtküsschen muss ich einschlafen. Vor dem Einschlafen beschließe ich aus Sicherheitsgründen, das Badezimmer im Fall von Pionierblasenattacke nicht aufzusuchen. Ich Held…
Wenn Makroman Pause hat, uebernimmt Makrogirl...(Insider)

Samstag
7:00
Der Wecker klingelt unerbärmlich. Also doch aufstehen und in die Küche wackeln zum Frühstück machen. Ist eh besser als Fie´s und mein Raum, denn die Nacht war bitter, bitter kalt! Toast toasten, Rührei rühren, Tisch auftischen und Wasser für Kaffe und Tee kochen. Die üblichen Verdächtigten kümmern sich ums Frühstück machen, der Rest hat die ehrenvolle Aufgabe, hinterher alles wieder sauber zu machen!
Hier brodelt und blubbert es im Untergrund


8:30 – 9:00
Abfahrt in Richtung Wai-O-Tapu Thermal Wonderland, eines der berühmtesten Thermal Schutzgebiete Neuseelands. Auf insgesamt drei Strecken kommen wir an allerhand blubbernden und dampfenden Löchern vorbei, die allesamt durch einen nicht allzu lang zurückliegenden Vulkanausbruch entstanden sind. Herrlich diese Farben, von hellblau über quitschgrün und orangerot bot Mutter Natur uns vielseitige Möglichkeiten die Photoapparate zu zücken. Aber das wichtigste ist wohl der Geruch oder das typische Parfum dieser Gegend, ein Gestank wie faule Eier, mal mehr oder weniger, aber einmalig und eine Erinnerung wert.
Wie man sieht, riecht es hier gewaltig nach Schwefel...(haeh?)

Mit verkrampften Unterleib stehe ich auf (lies: ich krieche) und schleppe meinen Kadaver zum Bad. Ich habe sehr unruhig geschlafen (lag vielleicht am starken Harndrang), freue mich jedoch, dass ich die Nacht überstanden habe. Sogleich fahre ich mit dem Schreiben fort, die Ängste der letzten Nacht scheinen im Hellen wie weggewischt. Stolz über meinen Mut sprudeln die Worte und Ideen.
Nach ca. 2 Stunden ist Frühstückszeit: Ich begebe mich Richtung Küche, doch da wo sonst ein paar fertig gemachte Sandwichs allererster Güte auf mich warten, liegt nur ein Brett und ein Messer. Da fällt es mir wie Schuppen von den Augen: Ich muss mir selbst etwas zum Frühstück kreieren. Unruhig scharre ich mit den Füßen, als ich den Kühlschrank öffne. Zum Glück: Er ist gut gefüllt. Ein Einkauf wäre wohl auch ein bisschen zu viel des Guten gewesen. Ich schneide mir ein paar ca. 2cm schlanke Scheiben Salami und Käse und arrangiere sie auf den bereits mit Butter beschmierten Brotscheiben. „Das war ja gar nicht so schwierig! Und hat nur 45 Minuten gedauert!“ denke ich während ich schmatzend mein Frühstück genieße. „Und morgen mal mit ner Scheibe Gurke drauf“ nehme ich mir vor. Man wächst ja schließlich mit seinen Aufgaben.

12:00
Aufbruch in Richtung Kajak-Tour. Ich kann mich leider nicht erinnern, wann ich das letzte Mal Kajak fahren war, weswegen meine Anspannung recht groß ist, denn trotz wunderschönem Wetters ist die Wahrscheinlichkeit ins Wasser zu fallen und danach zu frieren sehr groß. Aber einmal zugesagt, muss ich mich dieser Herausforderung stellen. Mit fast einer Stunde Verspätung lassen wir die Boote ins Wasser, nachdem die Verleih-Tante es abgelehnt hatte, eine Sicherheitseinweisung zugeben, mit den Worten: „Wer kann’s, der kann’s eben!“. Zum Glück haben wir in Fie (zur Erinnerung, dänische Studentin) unseren persönlichen Guide dabei! Und nach anfänglichen kommunikativen Schwierigkeiten mit Matze (der saß mit mir in einem Boot) klappt das Paddeln doch recht gut. Die Sonne lacht, die Wellen lassen unsere Böötchen lustig tanzen und keiner von uns fällt bis zur Pause ins Wasser. Nur Fie schafft es, beim Aussteigen am Strand ihr Boot zum Kentern zu bringen!
Nach dem selbst mitgebrachten Mittagessen geht die Paddelei weiter und erschöpft und abgekämpft erreichen wir unseren Abholort. Und ich bin trocken geblieben!
"Hahhrrrr, ihr Landrrrratten!"


Ca. 18 Uhr: Der Tag kann bis jetzt als Erfolg verbucht werden. Ich bin gut mit dem Assignment vorangekommen und kann mir nun selbst Stullen schmieren. Doch die nächste Hürde wartet…das Abendbrot. Da über den gesammtenTag verteilt ca. 600 Gramm Schokolade genascht wurden, soll das Mahl etwas bescheidener ausfallen. Die Ideallösung: ein Salat. Das Problem: ich muss schon wieder mit diesem scharfen Gegenstand (Messer) hantieren. Ich erinnere mich an die dicken Salamischeiben vom Frühstück…unweigerlich fange ich an zu sabbern…“Nein! Heute gibt’s Salat!“ bekämpfe ich meine Dämonen. Elegant schäle ich alles was mir in die Finger kommt, von der Gurke bis zur Tomate, sogar der Schafskäse verliert sein Äußeres…Sicher ist sicher! Der Salat hat dann auch eine ungewohnte Konsistenz, fast breiig. Die Gurke kann ich im ganzen Stück essen, da sie nach der Schälaktion größenmäßig einem Zahnstocher ähnelt. Trotz der Strapazen der Zubereitung bin ich stolz: Eine neue Stufe auf der Treppe der Unabhängigkeit ist genommen! Der Salat schmeckt nicht.

19:00
Zeit zum Abendbrot. Pasta mit Tomatensauce mit extrem vielen Karotten und viel, viel Salami. Extrem lecker und genau das Richtige nach einem aktiven Tag wie diesem.
21:00
Auf zur Erholung und ab ins polynesische Spa, der Geheimtipp im Lonely-Planet. So geheim, dass um neun immer noch gefühlte tausend Menschen unterwegs ist. Aber davon lassen wir uns nicht beirren, rein in die Bikkins und Shorts und ab in Wasser. Das erste Becken riecht sehr streng nach faulen Eiern und hat eine sehr unangenehme grüne Farbe, aber ist angeblich gut gegen Arthritis! Uns ist es egal, hauptsache heiß und entspannend für die überanstrengten Muskeln! So probieren wir uns durch die zwischen 39 bis 42 Grad Celsius heißen Pools durch. Dazwischen gibt es natürlich wieder einmal ein Feuerwerk zu bestaunen, vom Pool aus natürlich.
22:59
Neuseeländer machen sehr gerne sehr pünktlich Schluss und die Schotten dicht und so muss ich mir meine Schuhe draußen zubinden. Auf dem Weg zum Hostel probiere ich gleich meine Freiminuten unseres tollen Prepaid-Mobilfunkanbieters aus und halte Basti vom Schreiben ab. Da musse er aber durch, wenn er schon nicht mitkommt und mich alleine in die Wildnis schickt!
So gruen war der Pool des Polynesischen Spas auch...aber hilft gegen Athritis

Da der Salat suboptimal gemundet hat, wurden weitere 300 g Schokolade verdrückt. Dazu habe ich mehrmals von der Salami abgebissen, das Abschneiden der Wurst wurde als Zeitverschwendung abgetan. Verdammte Dämonen! Außerdem hat mir Tobi zugesichert, per facebook das morgen stattfindende Eröffnungsspiel der Berlin-Baskets live zu kommentieren. Der Haken: Aufstehen um 7 Uhr morgens! Das Highlight des Tages: Ein Telefonat mit Jenny…
Da meine Augen bereits viereckig sind, wird der Computer für diesen Abend ausgeschaltet. Als das beruhigend monotone Geräusch der Computerlüftung erlischt, ist es unangenehm ruhig in der Wohnung, so ganz allein. Ich versuch an irgendwas schönes zu denken. Ich stelle mir Jenny vor, wie sie in einem weißen Kleid auf einem Schimmel den Strand entlang galoppiert. Doch es hilft nichts: Der Puls beschleunigt sich, die Hände sind kalt und zittern (entweder aus Angst oder als Anzeichen eines Zuckerschocks – ich bin mir nicht sicher). Immer wieder habe ich dieses Bild vor Augen: Die feuchten Banditen, wie sie fies lächelnd nach mir greifen. Joe Pesci’s Goldzahn lässt mir dabei keine Ruhe…Irgendwann setzt dann doch die Müdigkeit ein. Ich beschließe mich wie ein Mann zu benehmen. Ich gehe auf Toilette um mich bettfein zu machen. Danach verrammle ich die Tür und schaue noch mal unter dem Bett nach und ob da wirklich keiner ist. Als ich schließlich einschlafe, brennt noch das Licht…


1 Uhr irgendwas sind die Augen so müde und der Kopf so schwer, dass ich im stehen einschlafen könnte und mich ins Bett verkrümele und hoffe, die Nacht wäre nicht so kalt! Ist sie dann auch nicht, sicherlich auch weil ich mit Mütze auf dem Kopf eingeschlafen bin, die prima warm hält!

Um 7.00 Uhr klingelt der Wecker, Ich habe schlecht geschlafen. Meine Träume hatten irgendetwas mit nem Goldzahn zu tun. Da das Steinzeit-Internet mal wieder nicht funktioniert, wird das Handy bemüht, um das Spiel zu verfolgen. Die Partie ist spannend, hart umkämpft, wird am Ende jedoch leider verloren…Verdammt! Schweren Schrittes begebe ich mich zum Computer, um wieder viele schlaue Dinge in die Tastatur zu hämmern. Ein schöner Start in den Tag sieht anders aus…

Sonntag
9:00
Eine ungewohnt späte Aufstehzeit für unsere Reisegruppe, aber das haben wir uns mal gegönnt! Die übliche Prozedur des Frühstückmachens, nur dass wie eigentlich um zehn raus sein mussten. Aber da sind die Kiwis dann doch nicht so!
11:00
Ab zur Bay of Plenty und zur abschließenden Bergwanderung. Der Mount Maunganui (großer Berg) ist ein 232 Meter hoher Hügel mitten am Strand des beschaulichen Tauranga. Tauranga wiederum erinnert an eine wilde Mischung aus Kalifornien (sagen die anderen) und Strandpromenade an der Ostsee (sage ich). Der Ort ist überfüllt mit Sonntagsausflüglern, sowohl Einheimische als auch Touristen wie wir suchen hier Erholung. Wir besteigen zuerst den Berg, oben angekommen gibt es für die meisten eine zünftige Brotzeit und nach dem Abstieg geht es an den Strand, um die Beine und die Seele für ein paar Augenblicke baumeln zu lassen.  
Toll...Jenny faellt nischt ein...deshalb kurz und knapp: eine Insel
Zum Lunch wird eine Pizza aus dem Tiefkühlfach gezaubert. Mit den vortags erlernten Skills wird die Pizza noch etwas mit Zwiebeln und Schafskäse aufgepeppt. Das Ergebnis lässt sich sehen und genießen. Den Rest des Tages werden die Sekunden, Minuten und Stunden zu Jennys Wiederkehr runtergezählt. Das aufregende Wochenende geht schnurstracks seinem Ende entgegen…

16:30
Rückfahrt nach Auckland und unerwarteter Weise gibt es keinen sonntäglichen-in-die-Stadt-reinfahr-Verkehr!
20:30
Endlich wiedervereint mit Basti. Wenn das nicht wie die Faust aufs Auge passt, denn immerhin ist Tag der Deutschen Einheit!

„Hurra, es ist vollbracht!“ Wir liegen uns in den Armen. Nicht ohne Stolz berichte ich von meinen Abenteuern, schildere wie ich den Abwasch erledigt habe…Jenny scheint etwas irritiert, nickt aber lächelnd. Hach schön, jetzt ist die Jenny wieder da, um mich zu beschützen: Vor eventuellen Banditen, aber vor allem vor der Hausarbeit…
auf dem Berg links hinter dem Blatt war Jenny

ps: Danke, dass ich morgen früh um 9 Uhr in der Sprachschule sein muss, aber bis tief in die Nacht am Blog mitschreiben muss. Danke für Dein Verständnis, Basti!

pps: Ich sah mich gezwungen, nach meinem Blog „Basti in der Uni“ ein paar Sachen gerade zu rücken. Für viele ist es vielleicht ein Schock, für andere („Hallo Mami“) bereits Gewissheit. Ich bin, was die Arbeit zu Hause angeht, stinkend faul. Wenn Jenny den Laden hier nicht schmeißen würde, hätte ich wohl immer eine ganze Menge Gäste (in Form von kleinen Nagern oder Insekten…iiihhh!) zum Essen der TiefkühlkostJ. Daher die leicht überspitzte Darstellung. Ich habe übrigens keine Angst vor den feuchten Banditen. Und „Kevin allein zu Haus“ ist ein guter Film! Cheers

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