Dienstag, 19. Oktober 2010

Waiheke – die Toskana Neuseelands


On the road again...die Reisegruppe

Die Augen sind viereckig, die Finger wund und im Kopf nur Mus. Die letzte Zeit war geprägt von Schuften, Schuften, Schuften…Ganz klar, der Mensch braucht Abwechslung! Die noble Kellerbräune kann mal wieder ein paar Brauntöne vertragen und das Wasser in den Beinen gehört da so eigentlich auch nicht hin. Abhilfe kann mit einem Ausflug geschaffen werden. Das Ziel diesmal: Waiheke, eine Auckland vor gelagerte Insel, die in 35minüter Fahrt per Fähre erreicht werden kann. Das Eiland verspricht schöne Wanderungen, wie in Neuseeland üblich spektakuläre Strände und vor allem: Wein! Für das geistige und körperliche Wohl scheint also gesorgt…
...das ist uebrigens kein Biberfell auf meinem Kopf...der Barbier schreit...


Samstag
Die Augen sind müde, die Ohren dröhnen noch ein bisschen trotz Ohrenstöpsel, aber mein Körper und Geist sind topfit für die Reise nach Waiheke. Am Abend zuvor hab ich mal wieder den Basti allein gelassen, so wie ich nun mal bin, und bin mit Fie und Markus erst in eine Outdoor-Ausstellung spaziert und später dann zum Konzert gegangen. „Kunst im Dunkeln“ hieß die Ausstellung im Freien, bei denen Künstler alle möglichen Materialen illuminieren, seien es leere Milchflaschen, Plastecontainer oder Bäume. Vergleichbar mit dem „Festival of Lights“ in Berlin, nur viel, viel, viel kleiner. Nach der Schau und nach einer Apfelschorle ging endlich das Konzert los, das in einer alten Fabriketage stattfand mit Blick auf Aucklands Highways. Und was soll man sagen, Konzerte sind wohl überall auf der Welt gleich: erst die Vorband, die mitunter besser ist als der Hauptact (bei uns spielten sie eine extrem coole Mischung aus Reggea, Jazz, Rock), dann der Star des Abends. „Katchafire“ hießen die Jungs die sehr entspannte Reggae Mucke darboten. Und dementsprechend gestaltete sich das Publikum auch: eine bunte Mischung aus Jung und Alt und sehr viele Kräuterliebhaber. Eins aber war dann doch anders: Nach ungefähr anderthalbstündigen Konzert und dem letzten Song gab es zwar keine Zugabe, aber es wurde weiterhin schöne Tanzmusik gespielt. Also dachten wir uns, trinken wir noch ein gemütliches Bierchen und gehen dann. Als wir aber gerade am Gehen waren, legten die Jungs von „Katchafire“ wieder los. Merke also in Neuseeland gibt es während des Konzerts noch eine Pause, wie in der Oper!

Der Tag ist noch jung, als sich eine Gruppe junger sympathischer Menschen in eine Fähre Richtung Freiheit setzt. Das Wetter hält zwar (noch) nicht, was der Wetterdienst versprochen hat, doch das sind wir hier gewohnt. Die Fahrt ist nur kurz, ermöglicht aber dem ein oder anderen der Gruppe, Schlaf nachzuholen. Eine kurze Busfahrt später sind wir auch schon am Ziel unserer Reise: das Kina Backpackers, an der Ostküste der Insel sehr schön auf einer Anhöhe über dem Strand gelegen.
Der Blick vom Hostel ist nicht zu verachten. Findet auch der Radfahrer (links unten) und versaut das Bild...Sausack!


Das Einchecken, Zeltaufbauen und Futtern der mitgebrachten Stullen dauert eine kurze Weile, dann geht es jedoch los. Zu Fuß soll die Insel einmal querfeldein erkundet werden. Nach wenigen Minuten lassen wir die neuseeländische Küste hinter uns und betreten das Landesinnere. Die Landschaft erinnert mit ihren Olivenhainen, Piniengesäumten Feldwegen und Weinbergen stark an die Toskana. Hätte mich jemand gefragt, ob es mir hier gefällt, hätte ich „Si, molto bene!“ geantwortet.
Bella Waiheke


Der weitere Weg führt uns Lire-Millionäre dann an nicht mehr ganz so schönen Gegenden vorbei. Die Wanderwege, die wir uns aussuchen, verlaufen quasi direkt an der Strasse, sind also nicht mehr wirklich idyllisch. Dazu mag auch beitragen, dass genau an diesem Tag der Sperrmüll abgeholt wird, dementsprechend die Strassen und Wege mit Sperrmüll gepflastert sind. Wie schön! Die Westküste der Insel ist dann zwar schön anzuschauen, haut uns jedoch nicht wirklich aus den Socken. Nach ein paar Fotos wird der Bus aufgesucht. Auf der Rückreise zum Hostel wird kurz halt gemacht, um sich mit dem Nötigsten (Rindersteaks, Salat und Flüssignahrung) für das Grillen am Abend einzudecken.

eine Blume


Der Grill leistet gute Arbeit und verwandelt das ohnehin schon leckere Rumpsteak in ein Gedicht für den Gaumen. Ich verfalle in einen Blutrausch und verdrücke gefühlt eine gute Rinderhälfte, Jenny lässt sich nicht lumpen und haut auch ordentlich rein. Der Rest der Gruppe staunt. Bei mir sieht man ja noch, wo es hingeht, aber bei Jenny? Na ja…es war jedenfalls lecker. Den einen oder anderen Schlummertrunk später fallen wir dann auch völlig geschafft ins Bett. Da ich meine Wanderschuhe den gesamten Tag nicht ausgezogen hab, entfalten meine Füße ein interessantes Aroma. Wie betäubt schlafen wir ein.

Leider schläft nur Basti schnell ein. Ich sinniere derweil über alle möglichen Formen von Spinnen, nach dem ich am späten Abend einen Opalangbein aus meinen Bett vertrieben habe. Außerdem werde ich jedes Mal von erdbebenartigen Erschütterungen wach und denke ein Elefant muss durch das Hostel wandern, nur um dann festzustellen, dass andere Hostel-Gäste auf das stille Örtchen gehen. Na ja, Schlaf wird manchmal auch überbewertet.

Sonntag

Nach Express-Duschen, Express-Frühstücken mit anschließendem Warten auf diejenigen, die von Express nichts halten, soll das Highlight des Wochenendes folgen: die Weinverkostung.
Eine kurze verregnete Wanderung durch tiefe Wälder, über Weinberge und durch Alpaka-Gehege (possierliche Lebewesen, und gar nicht mal so scheu…einige hatten ein Auge auf die Mädels geworfen) bringt uns zum recht feinen Weinlokal. Etwas underdressed (Wanderkluft, matschige Stiefel und nasse Regenjacken) lassen wir uns dann ein paar Weine schmecken. Der Weinguru faselt was von „unterschiedlichen Elementen im Mund“ und „einfacher Abgang“; wir wissen nicht so recht, was wir damit anfangen sollen, nicken und nippen jedoch freundlich. Ich muss gestehen, dass die meisten der probierten Weine wirklich sehr lecker sind. Jenny genehmigt sich ja ganz gern mal ein Gläschen, weiß also wie sie die Weine qualitativ einzuordnen hat. Und sie ist begeistert. Ich hingegen würde wahrscheinlich keine Unterschiede zum Aldi-Wein aus dem Tetrapack finden.
Der Guru erzaehlt uns was vom Pferd...(Foto bei Fred aus Danmark geklaut:))


Micha und ich bestellen uns zum Nachtisch noch ein selbstgebrautes Bier. Und was soll ich sagen? Es ist mit 10 $ pro 0,33-Liter-Flasche gleichzeitig das teuerste und widerlichste Bier, das ich je getrunken hab. Der erste Schluck. Es fällt mir schwer, die Fassung zu bewahren. Der Geschmack ist schwer zu beschreiben. Der zweite Schluck. Die Zeit scheint still zu stehen. Ich stelle mir vor, wie ich den Boden einer verdreckten Spelunke koste. Das dürfte den Geschmack des Bieres wohl am besten treffen. Der dritte Schluck. Das Nackenhaar ist nun steil aufgerichtet, ich weine. Der vierte Schluck. Welch Dämon hat dieses Getränk direkt aus der Hölle in dieses Weingut importiert? Der fünfte Schluck. Auf meiner linken Schulter sitzt ein kleiner Basti-Engel, der sagt, dass ich aufhören soll. Auf der rechten Schulter sitzt ein kleiner Basti-Teufel, der mir ebenfalls rät, aufzuhören! Die restlichen Schlücke verlaufen wie in Trance. „Lieber den Magen verrenkt, als dem Wirt geschenkt!“ denke ich mir. Die ganze Welt zieht an mir vorbei. Dann komme ich wieder zu mir. Die Bierflasche ist leer - puh…
Der Rest des Tages ist schnell erzählt. Wir nehmen den Bus zurück zum Hafen, setzen mit einer voll gequetschten Fähre nach Auckland über und schwelgen den Rest des Abends in Erinnerungen; von einem hübschen gemütlichen Plätzchen auf dieser Welt.
zusammenhangslos, aber irgendwie putzig...eine Biene bei der Arbeit


Basti und Micha ließen sich aber nichts anmerken, erst als Basti mir zu flüstert, dass das Bier extrem nach Zigarettenasche schmeckt und nachdem ich selber einen extrem kleinen Schluck getrunken habe, sehe ich die verkrampften Gesichter der Beiden. Mich stört es nicht und innerlich lacht der Jenny-Teufel vor Schadenfreude, während der Jenny-Engel eine Träne verdrückt. Außerdem lagen die beiden ohnehin schon im Clinch, denn ich konnte mich nicht entscheiden, ob ich so einen herrlichen Rosé mitnehmen sollte oder nicht. Als Fie dann sagte, dass sie auf ihre Flasche ein Sonderpreis bekommen hatte, siegte meine Unvernunft über die Vernunft. Und beim bezahlen setzte sich dann wieder einmal meine Ahnungslosigkeit durch, weswegen ich die Wirtin am Ende unabsichtlich um die Hälfte beschummelt habe. Aber kann man diesen Augen böse sein?!

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